Die BRICS geraten wirtschaftlich zunehmend unter Druck. Nicht nur in Brasilien enttäuschte das Wachstum in Q1 erneut, sondern in Indien expandierte die Wirtschaft mit der niedrigsten Rate innerhalb der letzten Dekade. Nun, in vorherigen Berichten über die Emerging Markets wurde auf diese Entwicklung bereits hingewiesen. Richtig brenzlig dürfte es vor allem dann werden, falls der USD aus seinem jetzigen Kanal nach oben ausbrechen sollte. Neue Schwellenländerkrisen wären dann keineswegs mehr ausgeschlossen.

 

 

Auch in Q1 lag das Wirtschaftswachstum Brasiliens mit 0,6% gegenüber dem Vorquartal deutlich unter den Konsensschätzungen der Analysten. Die Daten wurden vor allem deshalb mit großer Enttäuschung aufgenommen, weil die Regierung eine Reihe von Konjunkturanreizen verabschiedete, die bislang kaum etwas zu einer Belebung der nationalen Wirtschaft beitragen konnten. Brasilien geht es insbesondere darum, seinen Produktions- und Exportsektor anzukurbeln, der im Zuge einer sich weltweit abschwächenden Nachfrage in den vergangenen Quartalen unter die Räder kam.

 

 

Brasiliens Einzelhandelsabsätze leiden unter einer zu hohen Inflationsrate, die den Verbrauchern einen Teil ihrer Kaufkraft raubt.

 

Selbst der Einsatz protektionistischer Maßnahmen wird durch die Regierung befürwortet und aktiv genutzt, um die heimischen Produzenten gegen Wettbewerber auf dem Weltmarkt zu schützen und ausländische Kapitalzuflüsse im Zuge der QE-Programme westlicher Notenbanken auf ein Minimum zu beschränken. Auf diese Weise soll eine Aufwertung des Reals verhindert werden, nachdem die Zentralbank vor Kurzem überraschend ihren Leitzins anhob. Diese Maßnahme schien bitter nötig, um die heimische Inflation vielleicht ein wenig besser unter Kontrolle zu bekommen, unter der Brasiliens Verbraucher seit geraumer Zeit leiden.

 

Eine deutlich über dem Zielsatz der Zentralbank liegende Inflationsrate hatte in den vergangenen Quartalen zu einem rückläufigen Inlandskonsum geführt, was sich negativ auf das Wachstum der Wirtschaft auswirkt. Analysten kündigten an, ihren Wachstumsausblick nach den vermeldeten BIP-Zahlen für das Gesamtjahr senken zu wollen. Wie sich zeigt, scheint der einstige BRIC-Star nicht mehr dazu in der Lage zu sein, an sein Wachstum aus der vergangenen Dekade anzuknüpfen, so dass sowohl die Enttäuschung als auch der Frust unter Marktteilnehmern und Investoren wächst.

 

 

Brasiliens Handelsbilanz rutschte zuletzt in die roten Zahlen, nachdem sich die globale Nachfrage teils deutlich abschwächte.

 

Selbst eine rekordhoher Ernteertrag im Sojabohnen- und Weizensektor und eine sich langsam etwas verbessernde Investitionslage konnten nicht wie erwartet zu der bei durchschnittlich 0,9% liegenden Wachstumsprognosen beitragen. Im globalen Wettbewerb leidet Brasilien insbesondere unter in den letzten Jahren teils deutlich gestiegenen Löhnen und Gehältern sowie einer rückläufigen Produktivität. So stieß es den Finanzmärkten übel auf, dass die Industrieproduktion in Q1 um 0,3% sank im Vergleich mit dem Vorquartal. Zum selben Zeitpunkt wachsen auch die Sorgen an der Verbraucherfront. So konnten die Konsumausgaben aufgrund der zu hohen Inflation und dadurch verursachter Kaufkraftverluste nur noch um 0,1% zulegen.

 

Brasilien steht im Hinblick auf seine rückläufigen Wachstumszahlen keineswegs allein auf weiter Flur. Auch in Indien schwächte sich das Wachstum in dem am 31. März beendeten Fiskaljahr auf nur 5% ab, nachdem das BIP in den Vorjahren noch mit Raten von über 9% zulegte. Für Indien erweist sich ein Wachstum von 5% als viel zu niedrig, um für eine Schaffung von neuen Stellen am Arbeitsmarkt zu sorgen und die hohe Jugendarbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Kritiker werfen Indiens Regierung vor, die heimischen Märkte für ausländische Investoren zu langsam zu öffnen. Doch nicht nur daran stoßen sich Investoren, sondern vor allem auch an den protektionistischen Maßnahmen, die auf Ebene der Bundesstaaten gegenüber ausländischen Wettbewerbern angewandt werden.

 

So wird der Zugang und Wettbewerbseintritt ausländischer Supermärkte in Indiens Märkte durch Lokalregierungen aktiv bekämpft, indem keine Lizenzen und Genehmigungen erteilt werden. Hinzu kommt, dass stark wachsende Öl- und Goldimporte zu einem rekordhohen Handelsdefizit geführt haben, die Indiens Rupie zu einer der sich am schwächsten entwickelnden Schwellenländerdevisen avancieren ließen.

 

Folgen wird ein Ausbruch des USD für eine ganze Reihe von Schwellenländern haben, weil eine ganze Menge Kapital wieder aus den Schwellenländern repatriiert würde. Diese Situation lässt sich bereits seit einigen Monaten beobachten, wie zuletzt unter anderem in „Notenbanken: Größte Verlierer nach Goldpreisrutsch“ angesprochen. In den 1980iger Jahren führte eine fulminante USD-Rally direkt zum Ausbruch der Krise in Lateinamerika. Im Zuge des nächsten großen USD-Bullenmarkts in den 1990iger Jahren erwischte es dann Südostasien, und hier ganz speziell Thailand, Südkorea und die Philippinen zu Zeiten der Asienkrise. Nicht auszuschließen, dass manche der BRICS dasselbe Schicksal ereilen könnte.

 

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